DVS BV Gelsenkirchen

 
 

Vortragsveranstaltungen - 2018 - 1. Vortrag 08.02.


08. Februar 2018 - 16:00 Uhr
Vortrag: „Schadensfälle an Schweißverbindungen in Anlagen der chemischen und energieerzeugenden Prozessindustrie“ Referent: Dr. Herbert Krebs - Evonik Technology & Infrastructure GmbH
Chemiepark Marl, Gebäude 1186, Raum 0.13
Rundfahrt durch den Chemiepark Marl mit anschließendem Vortrag bei Evonik Technology & Infrastructure GmbH 38 Mitglieder nebst 7 Gäste nahmen am 8. Febr. 2018 an der gut einstündigen Busfahrt durch den Chemiepark Marl teil. Der Chemiepark fand seinen Anfang im Mai 1938 mit Gründung der Chemischen Werke Hüls GmbH, die eigens für die Produktion des synthetischen Kautschuks Buna gegründet wurde. Einige Gebäude aus 1938 sind noch erhalten, darunter befindet sich u.a noch ein Leitstand. Heute gehört der Park zu den drei größten Chemiestandorten in Deutschland. Er ist ca. 6 Quadratkilometer groß und beschäftigt rund 10.000 Personen. Angebunden ist das Gelände an das  europäische Straßen-, Schienen- und Wasserstraßennetz. Betrieben wird der Chemiepark Marl von der Evonik und ist gleichzeitig der größter Produktionsstandort von Evonik, dem weltweit führenden Unternehmen der Spezialchemie. Neben Evonik, ihren Tochtergesellschaften und Beteiligngen sind weitere Unternehmen angesiedelt.

Mehr als vier Millionen Tonnen Produkte jährlich starten von hier aus ihren Weg in die ganze Welt. Dies sind beispielhaft: Acetylen, Acrylsäure, Benzol, Butan, Chlor, Cunol, Formaldehyd, Salzsäure, Schwefelsäure usw..Der Energiebedarf des Chemieparks Marl wird durch die Erzeugung von Strom und Dampf in Kraft-Wärme-Kopplung in zwei eigenen Gas- und einem Kohlekraftwerk gedeckt.

Hier noch ein paar weitere Eindrücke:
55km Straßennetz, 100km Schienennetz, 30km Rohrbrücken, 70km Kanalnetz, 900 Gebäude befinden sich auf dem Gelände. Der Höhepunkt war bei herrlichem Sonnenschein ein Rundblick über das Chemieparkgelände vom 9.Stock des Hochhauses. Nach der interessanten Busrundfahrt ging es für die Teilnehmer zum Seminarraum. Hier informierte Werkstoffwissenschaftler Dr. Herbert Krebs, Evonik Technology und Infrastructure GmbH über

„Schadensfälle an Schweißverbindungen in Anlagen der chemischen und energieerzeugenden Prozessindustrie“

Im Vorspann berichtete Dr. Krebs u.a. über die Besonderheiten im Chemiepark. Zu nennen ist hier die Schweißtechnik und die eingesetzten Werkstoffe. Dies sind unlegierte Baustähle, Feinkornbaustähle (bis 355 Mpa Streckgrenze), nichtrostende austenitische Stähle, Duplex Stähle, Nickelbasis Werkstoffe sowie Sonderwerkstoffe (Aluminium, Titan, Kupfer usw.)

Ein weiterer Teil seiner Ausführungen befasste sich mit der
  •     Vielfalt der Schadensarten
  •     Besonderheiten bei Schweißverbindungen
  •     Beispiele von Schadensarten
  •     Verarbeitete Massen an Schweißzusätzen in der Hauptwerkstatt (18.000kg/Jahr)
  •     Anzahl der Schweißnähte in der Rohrfertigung  (ca. 35.000 im Jahr)
Eingesetzt werden bei der Rohrfertigung drei teilautomatische WIG Schweißmaschinen und Biegemaschinen bei  Rohrabmessungen von DN 25 bis DN 250. über DN 150 wird manuell (WIG und E-Hand) geschweißt. Eine fertigungsbedingte/ fertigungsbegleitende Qualitätssicherung nach den bekannten Normen findet sowohl bei der Eigen- als auch bei der Fremdfertigung kontinuierlich statt. Die grundsätzliche Betrachtung von Schadensfällen wurde von Dr. Krebs anhand von verzahnten Komponenten dargestellt.

Schadensursachen trotz aller qualitätssichernden Maßnahmen sind:
  •     Betriebsbedingte Ursachen                                  63,3%
  •     Schweiß-, Glüh- und Fertigungsfehler                   13,1%
  •     Schmiede-, Guss- und Herstellungsfehler              10,7%
  •     Konstruktionsfehler                                              7,1%
  •     Werkstoffverwechselung, falsche Auswahl               5,8%
Die Prozentzahlen beruhen auf eine Auswertung von 3.000 Schadensfällen aus der chemischen Industrie.  Die grundsätzliche Betrachtung von Schadensfällen wurde von Dr. Krebs anhand einiger Komponenten dargestellt. Dies waren u.a. Schadensfälle in einem Kohlekraftwerk und hier insbesondere der Einsatz des Werkstoffes T24 (7CrMoVTiB10-10). Der Hochleistungsstahl T24 hat hohes Potenzial, wenn es darum geht, den aktuellen Forderungen nach mehr Energieeffizienz gerecht zu werden. Allerdings machten immer wieder Risse in den Schweißnähten Probleme. Behandelt wurden ferner die Rissbildung eines Flickenbleches in einer Destillationskolonne sowie ein Schaden an einem Pulsationsdämpfer eines Erdgasverdichters.

Zusammenfassend kann zu den Ausführungen von Dr. Krebs gesagt werden:
  •     Schaden an Werkstoffen und geschweißten Bauteilen haben ein sehr breites Spektrum von Ursachen
  •     Häufig spielen Betriebszustände außerhalb der spezifizierten Betriebsparameter eine Rolle
  •     Um aus Schadensfällen lernen zu können müssen Schadensuntersuchungen durchgeführt werden.

Die Aufarbeitung von Schäden ist zwingend notwendig - so Dr. Krebs - um die Anlagensicherheit und Verfügbarkeit auf Dauer nachhaltig zu gewährleisten. Dieses haben die Teilnehmer in sehr anschaulicher Art erfahren. In der sich anschließenden Diskussion zu einem mit dem Referenten und zum anderen mit den Teilnehmern wurden noch einige offene Fragen behandelt.

Zum Abschluss der informativen Veranstaltung bedankte sich der Vorsitzende des DVS BV Gelsenkirchen Dieter Hüser bei Herrn Dr. Krebs zum einen für die Vorbereitung zur Werksbesichtigung und zum anderen für den gehaltenen Vortrag. Den Teilnehmern dankte Hüser für ihr Kommen.
 



Alle Rechte vorbehalten.
DVS - Deutscher Verband
für Schweißen und
verwandte Verfahren e.V.